Dolder Grand Dinner

The After Dinner Experience

The After Dinner Experience – Unter diesem Leitmotiv lud mich das Luxushotel The Dolder Grand Anfang November nach Zürich zum 6-Gänge-Dessert-Auftaktdinner der beiden Spitzenpatissiers Andy Vorbusch und René Frank ein. Es ist eine Schande, dass ich erst jetzt dazu komme, diesen Beitrag fertigzustellen, aber leider bin ich nicht eher dazu gekommen). Aber besser spät als nie, und die Erfahrung die ich dort machen durfte, ist eines Beitrags in jeder Hinsicht würdig!

Ich reiste am Tag des Geschehens bereits gegen die Mittagszeit an und hatte bis 20 Uhr, Start des Dinners, noch genug Zeit, um mir die Räumlichkeiten vor Ort anzusehen. Erste positive Überraschung, die mir ein wenig die Aufregung nahm: Der Fahrer, der mich vom relativ unglamourösen Flixbus-Bahnhof Sihlquai abholte. Nicht wertend, geerdet, zuvorkommend, höflich, interessiert. Meine Anreise begann also schon mit einem ehrlichen Gespräch, das von Herzen kam. Ich fühlte mich gut angenommen, bin ich solch einen Luxus doch sonst nicht gewöhnt. Wir mussten einmal quer durch die Stadt, da das Hotel auf dem Zürichberg im Süden gelegen ist, oberhalb der eindrucksvollen Villen. Der Blick auf die Stadt, auch bei Nacht, atemberaubend. Der Komplex, ein historischer Altbau mit Zitaten des Originalgebäudes von 1899, vereint mit einem eindrucksvollen Neubau, in dem sich vor allem Spabereich und Privatzimmer befinden. Der Türbogen, von dem aus sich massive, mit Teppich belegte Steintreppen, Strukturputz und messingfarbene Geländer rechts und links nach oben schlängelten, wird von den Hotelangestellten liebevoll The Kiss genannt, da sich an diesem Punkt jene historische Architektur und Moderne zusammenfinden.

Auf dem Weg zu den komfortablen Hotelzimmern passierte ich eindrucksvolle Kunstwerke, die sogar dem Laien ein Begriff sind. Eine unübersehbare Niki de Saint Phalle Statue auf der Terrasse und ein gut 11 Meter langes Andy Warhol Werk direkt über der Rezeption sind nur zwei der unzähligen Meisterstücke, die im Dolder Grand Hotel vertreten sind. Dali, Miro, Keith Haring – Kunstliebhaber kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten. Kein Wunder, dass meine Ansprechpartnerin Stephanie mir meine Frage, ob es auch Gäste gäbe, die das Hotel ausschließlich wegen der Kunst besuchen, mit Ja beantwortete. In jedem Stockwerk, in jedem Winkel, vor dem Restaurant und an der Rezeption gibt es etwas zu entdecken. Kunstliebhaber vorm Herrn und Besitzer des Dolder Grand Hotels Urs Schwarzenbach hat offensichtlich keine Kosten und Mühen gescheut, um sein Hotel zu einer riesigen Kunstgalerie auszubauen. Allein dafür lohnt sich der Besuch.

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Bevor das spektakuläre Dinner mit Redakteuren, Gästen und Restaurantkritikern startete – neben mir saßen Wolfgang Fassbender und sowie Redakteur des Gault-Millau, was mir einen Heidenrespekt einjagte – machte ich noch einen Streifzug durch den Spabereich des Hotels und zog einige Bahnen durch das sehr ruhige, angenehm warme Schwimmbad und verbrachte eine geschlagene halbe Stunde im Whirlpool, ohne Bubbles, bis ein Hotelangestellter mich mit einem charmanten  Lächeln darauf aufmerksam machte, dass es für den Jacuzzi einen Knopf gibt. Ups!

Ich traf mich mit Stephanie zwei Stunden vor Beginn des Dinners, um mich nochmal durch das Hotel führen zu lassen. Wir starteten im All Day Dining Restaurant SALTZ und dem „The Restaurant“ des Dolder Grands.. Die Küche, prämiert mit 18 Gault-Millau Punkten für die Arbeit vom ausgesprochen sympathischen 2-Sternekoch Heiko Nieder, der im Dolder Grand Hotel das „The Restaurant“ leitet, würde ich dann gerne das nächste Mal ausprobieren. Stilvoll gestaltet besticht der Innenraum mit gemütlichen, stoffbezogenen Stuhlklassikern, an der Wand auf der Empore bahnt sich in rotem Neonlicht eine Berglandschaft bis zur Außenterrasse entlang. Stühle und Tische wurden diesem Schema farblich angepasst. Eine eindrucksvolle Bar im Inneren trennt das Restaurant in zwei Bereiche. Ich durfte sogar einen kurzen Blick in die Küche erhaschen. Die Jungs, alle beeindruckend entspannt, waren bereits fertig mit den Vorbereitungen für den Abend und machten sich so langsam für den Ansturm bereit.

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Weiter ging es in den Raum des Abends, die Dolder Grand Bar. Hinter der Rezeption gelegen, vorbei an der Hotellobby, betrat ich die Bar über eine schwere Tür und schon eröffnete sich mir das, was ich schon auf Bildern bestaunen durfte. Ein Hogwarts-Ambiente mit unzähligen Kerzenleuchten, die über den Köpfen der Gäste zu schweben schienen. Blickt man von der Empore in die Tiefe, tut sich der Blick auf schwarze Lederbänke an Holztischen und eine geschwungene Bar mit beeindruckendem Spirituosenangebot auf.  Ich lernte Andy Vorbusch, René Frank und ihr Team etwa 90 Minuten vor Beginn des Dinners kennen. Sie waren bereits fertig mit den Vorbereitungen, wenn auch etwas angespannt wegen der Premiere ihres ungewöhnlichen Dessert Dinners. Dennoch sehr höflich, offen, und geerdet. Mit den beiden könnte man sich sicher auch unkompliziert auf ein Bierchen in einer Spelunke treffen, wenn nicht gerade ein entscheidendes Event bevorsteht. Umso gespannter war ich, was die beiden den knapp 40 zu erwartenden Gästen servieren würden.

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Nach unserer Runde durch das Hotel nahm ich noch kurz Platz in der Lobby, um ein regionales Bier zu genießen, begleitet von den krossesten Chips und den besten Oliven ever. Der Pianist in der rechten Ecke der Lobby war eine wunderschöne Begleitung, hat die Hintergrundgeräusche des sehr gemischten Publikums allerdings nicht übertönt.

Etwa 30 Minuten vor dem Start holte mich Stephanie ab, um mir das Licht-Setup der internen Fotografen und der externen Redakteure zu zeigen. Ich hatte kein Lichtequipment dabei, geschweige denn einen Blitzauslöser, Schande über mein Haupt, weswegen ich mit dem spärlich verfügbaren Licht auskommen musste. Stephanie bot mir dann aber an, das Dinner doch entspannt von der Bar aus zu genießen, sie würde mir die offiziellen Fotos zukommen lassen. Wunderbar, so konnte ich in aller Ruhe dabei zusehen, wie die unterschiedlichen Teller von einem mehrköpfigen Team angerichtet wurden, wie die Drinks bereitet wurden, mit welcher Ruhe aber Bestimmtheit das Team das Dinner zu etwas Großem machte.

Der Gruß aus der Küche war eine Hommage an die katalanische Küche. Gepuffter Schweinebauch mit Five-Spice-Gewürz, knusprig und karamellig süß. Hätte man mir das Dessert nicht erklärt, so hätte ich mich in meiner Aufregung vermutlich über Popcorn gefreut, aber so konnte ich mich in aller Ruhe auf den herzhaften Geschmack des Schweinebauchs in Kombination mit dem starken Five-Spice-Gewürz einlassen. Speck und Karamell ist sowieso eine Kombi, von der ich nicht genug bekommen kann, von daher hat dieses kleine Päckchen Glück schon jede Menge Erwartungen in mir hervorgerufen. Nach kurzer Willkommensrede des Restaurantleiters und einigen Tipps und Tricks der beiden Patissiers im Hinblick auf das Dinner, z.B. alle Komponenten zusammen und am besten mit dem Löffel zu essen und die Drinks immer bewusst zu den Speisen zu kombinieren, wurden wir einem langen, genussreichen Abend übergeben.

René Frank, Besitzer des Dessert-Drinks-Restaurants CODA in Berlin, und Andy Vorbusch, selbsternannter Puddingkoch (und es gab tatsächlich Schokoladenpudding zum Abschluss) mit langjähriger Erfahrung in der Sternepatisserie, möchten mit ihren Kreationen ein neues Verständnis für Desserts schaffen. Sie wollen zeigen, dass sich nicht nur Creme Brulée und Mousse au Chocolat Dessert nennen dürfen, sondern dass auch die Aromen Umami und Süß miteinander funktionieren, besser, harmonieren. Mit Kreationen wie Pekanusscreme, Apfelbalsamico, Lakritzsalz und confierter Aubergine, mein Lieblingsdessert, ist ihnen das eindrucksvoll gelungen. Die Drinks, teilweise leicht verständlich, teilweise sehr komplex, konnten die vielfältigen Aromen der Desserts sehr gut auffangen, verstärken oder abmildern. Die Desserts in ihrer Komplexität in Worte zu fassen ist schwer. Daher lasse ich im Folgenden den Text der Menükarten und die Bilder für mich sprechen.


Plate No. 1:

Gegrillte Ananas, Muskovadozucker, Kokosnuss
Pairing Drink: Kombucha, Aloe Vera, Pisco

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Plate No. 2:

Aubergine, Pekanuss, Apfelbalsamico, Lakritzsalz
Pairing Drink: Oolong Tee, Kumin, Safran, Sherry Oloroso

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Plate No. 3:

Braune Butter, Topinambur, Birne
Pairing Drink: Röstmalz, Molke, Turicum Gin

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Plate No. 4:

Cironé Käse, Karotte, Cashewnuss, Roggen
Pairing Drink: Genmai Sake, Kaffee, Ahorn

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Plate No. 5:

Süßkartoffel, Mango, Sauerrahm
Pairing Drink: Himbeere, Zitrone, Mezcal, Berliner Weisse

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Plate No. 6:

Schokolade, Pflaume, Rote Shiso
Pairing Drink: Cold Brew, Kondensmilch, Bourbon

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Mein Tischnachbar Wolfgang, der mir zu meiner Freude das Du anbot, hatte interessante Anmerkungen zu jedem Gericht, die ich so sofort unterschreiben, wenn auch nicht im ersten Moment eigenständig benennen konnte. Der Mann übt den Beruf des Kritikers ja auch nicht zu Unrecht schon mehrere Jahrzehnte aus. Andy Vorbusch vollendete das Dinner mit Buchweizen Macarons, wahrscheinlich mit Abstand der „klassischste“ Gaumenschmeichler des Abends, der voller Überraschungen steckte. Mit ins Gepäck kam ein kleines Baumwollsäckchen von René Frank. Auf der Busreise nach Hause habe ich mich sehr über den Inhalt gefreut: Verschiedene Nüsse mit Überzug.  Fantastisch.

Nach einem kurzen Schwatz mit Stephanie verließ ich die Bar dann auch gegen 23.30, da ich am nächsten Morgen sehr früh aus dem Bett musste, um den Nachhauseweg anzutreten. Was mich besonders freute: Der gleiche Fahrer, der mich auch schon am Tag zuvor abholte, brachte mich wieder zurück zum Busbahnhof. So beendete ich meinen Ausflug mit einem ebenso ehrlichen und warmherzigen Gespräch, wie ich ihn begonnen hatte.

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